Informationen für Therapeut*innen
Bis zu einem Fünftel der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung gaben an, dass sie Menschen mit einer pädophilen Sexualpräferenz auch dann keine Therapie anbieten wollen, wenn sie keinen sexuellen Kindesmissbrauch begangen haben (Jahnke, Philipp & Hoyer 2015). Falsche Vorstellungen über Pädophilie und Vorbehalte gegenüber Menschen mit dieser sexuellen Neigung sind nicht nur unter Therapeut*innen weit verbreitet und können die Bemühungen zur Verhinderung von Sexualstraftaten beeinträchtigen.
„Practitioners Should Understand That Pedophilia and Sexual Offending Against Children Are Not the Same“
Jahnke, S. (2018). The Stigma of Pedophilia: Clinical and Forensic Implications. European Psychologist, 23(2), 144–153. https://doi.org/10.1027/1016-9040/a000325
Informationen für Therapeut*innen
Bis zu einem Fünftel der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Ausbildung gaben an, dass sie Menschen mit einer pädophilen Sexualpräferenz auch dann keine Therapie anbieten wollen, wenn sie keinen sexuellen Kindesmissbrauch begangen haben (Jahnke, Philipp & Hoyer 2015). Falsche Vorstellungen über Pädophilie und Vorbehalte gegenüber Menschen mit dieser sexuellen Neigung sind nicht nur unter Therapeut*innen weit verbreitet und können die Bemühungen zur Verhinderung von Sexualstraftaten beeinträchtigen.
Hintergrund
Hintergrund
lieben sie kinder mehr, als ihnen lieb ist?
Mit dieser Frage startete 2005 eine Kampagne, die auf ein besonderes Therapieangebot des Instituts für Sexualwissenschaft und Sexualmedizin der Charité – Universitätsmedizin Berlin aufmerksam machte: ein kostenloses und durch die Schweigepflicht geschütztes Behandlungsangebot für Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen und deshalb therapeutische Hilfe suchen. Das Projekt gab es unter dem Titel „Präventionsprojekt Dunkelfeld“ zunächst nur in Berlin. Mittlerweile ist Berlin nur noch einer von vielen Standorten des 2011 gegründeten Präventionsnetzwerks „Kein Täter werden“, das nach gemeinsamen Qualitätsstandards arbeitet und von einem Beirat unterstützt wird. Dem Beirat gehören auch Experten der Forensisch Psychiatrischen Klinik der Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel, sowie des «forio» an, die dort vergleichbare Präventionskonzepte entwickelt haben.
Gestützt auf die Postulate von Nationalrätin Natalie Rickli und Ständerat Daniel Jositsch vom 12. September 2016 wurde vom Schweizer Bundesrat ein Forschungsauftrag zur Erarbeitung der Grundlagen zur Wirkung von Präventionsprojekten für Personen mit sexuellen Interessen an Kindern erteilt. Am 11. September 2020 verabschiedete der Schweizer Bundesrat den Bericht «Präventionsangebote für Personen mit sexuellen Interessen an Kindern» und empfahl sprachregionale Beratungs- und Behandlungsangebote für Personen mit sexuellen Interessen an Kindern, die Prüfung einer verstärkten Thematisierung von pädophilen und hebephilen Neigungen bzw. Störungen, der Stigmatisierung der Betroffenen sowie der Prävention von sexuellen Handlungen mit Kindern in der Weiter- und Fortbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychologinnen und Psychologen sowie eine gesamtschweizerische Koordination der Präventionsangebote.
Auf Initiative der Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich unter Regierungsrätin Natalie Rickli wurde im Juni 2021 das erste kantonal geförderte Behandlungsangebot in der Schweiz lanciert, die Präventionsstelle Pädosexualität an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.
Im Sinne der vom Bundesrat empfohlenen gesamtschweizerischen Koordination der einzelnen Beratungs- und Behandlungsstandorte erfolgte im Juni 2021 die Vereinsgründung „Kein Täter Werden Suisse“ mit den Gründungsmitgliedern Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel, forio Frauenfeld, Hôpitaux Universitaires de Genève und der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich.
Menschen, die sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlen, begehen nicht zwangsläufig sexuelle Übergriffe oder nutzen Abbildungen sexuellen Kindesmissbrauchs (sog. Kinderpornografie). Daher müssen die Begriffe Pädophilie/Hebephilie und sexueller Kindesmissbrauch unterschieden werden. Während die strafrechtliche Bezeichnung ‚Sexueller Missbrauch von Kindern‘ vorranging sexuelle Handlungen vor, an und mit Kindern beschreibt, wird unter Pädophilie/Hebephilie eine sexuelle Ansprechbarkeit auf den kindlichen beziehungsweise jugendlichen Körper verstanden. Nicht jeder Mensch mit einer Pädophilie oder Hebephilie begeht sexuellen Kindesmissbrauch und nicht jeder Sexualstraftäter ist pädophil oder hebephil.
Die Häufigkeit der Pädophilie bzw. pädophilen Störung in der Allgemeinbevölkerung ist unbekannt (Cohen & Galynker, 2002; Seto, 2008). In aktuellen sexualwissenschaftlichen Untersuchungen an männlichen Probanden aus der Allgemeinbevölkerung gaben zwischen 4.1% – 9.5% der Befragten an, schon einmal sexuelle Fantasien mit Kindern gehabt zu haben. Zwischen 3.2% – 3.8% der Befragten berichteten sogar von sexuellem Verhalten mit Kindern (Ahlers et al., 2011; Dombert et al., 2015, siehe hierzu auch die Ergebnisse der Mikado-Studie). Da jedoch in vielen Studien die Intensität und Dauerhaftigkeit dieser sexuellen Fantasien/Verhaltensweisen nicht untersucht wurde, lä